COP26 in Glasgow 2021

Rückblick auf die Verkehrsverhandlungen bei der COP26 oder die fehlende Mobilitätswende

Ein Kommentar von Charlotte Kleine

Am 12. November ist die COP26 in Glasgow zu Ende gegangen. In den zweiwöchigen Verhandlungen war ein Tag dem Verkehr gewidmet: Mittwoch, der 10. November. Von nachhaltiger Mobilitätswende kann hier jedoch keineswegs die Rede sein.

In den offiziellen Verhandlungen zum Verkehr wurde eine einzige Maßnahme gefordert: Bis 2040 sollen nur noch E-Autos produziert werden. Auf der offiziellen COP26-Website zum Verkehr steht unter „Wie Du helfen kannst“ nur, dass die Zivilbevölkerung diese Maßnahmen unterstützen soll. Darüber hinaus unterzeichneten nur 24 Staaten diese Erklärung. Deutschland, China oder Japan zum Beispiel, die größten Autoproduzenten, sind nicht dabei.

Die gemeinsame Erklärung zur Förderung von E-Autos und E-Vans fordert, dass diese Entwicklung fair geschehen muss. Damit ist gemeint, dass die Preise von Elektroautos sinken sollen, damit ein größerer Teil der Weltbevölkerung sich einen privaten Pkw leisten kann. Diese Forderung lässt völlig außer Acht, dass nur 18 Prozent der Weltbevölkerung derzeit ein Auto besitzen und viele Menschen sich auch mit einer finanziellen Förderung keinen privaten Pkw leisten könnten. Außerdem müsste die Infrastruktur massiv angepasst werden, sollten mehr Menschen sich ein Auto zulegen. Eine solche Anpassung der Infrastruktur hätte jedoch selbstverständlich verheerende Auswirkungen auf das globale Klima und sollte wohl kaum als nachhaltig angepriesen werden. Zudem ist fraglich, wie fair Elektroautos überhaupt produziert werden können, weil das nötige Lithium oft unter fragwürdigen Umständen abgebaut wird, welche schädlich für Arbeiter*innen und Umwelt sind. Wir brauchen nicht mehr vermeintlich umweltfreundlichere Autos, sondern ganz einfach weniger Autos.

Elektroautos sind eine Ausrede

Aktivist*innen sind verständlicherweise verärgert über diese ambitionslosen Maßnahmen. Bei den Demonstrationen, die die Konferenz begleiteten, hielten sie Schilder wie „Electric cars are a COP-out“ (Elektroautos sind eine Ausrede) und „Car car car blah blah blah“, als Anspielung auf Greta Thunbergs Reden, hoch.

Die Zahlen sprechen schließlich für sich, wenn es darum geht, welche Maßnahmen im Verkehrssektor getroffen werden sollten. Straßenverkehr ist für 10 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich. In keinem anderen Sektor steigen die Emissionen so schnell wie in diesem. Es sollte also klar sein, dass der Fokus auf nachhaltiger Mobilität liegen muss. Nachhaltigkeit bezieht sich hier nicht nur  auf die Produktion, sondern auch auf die Nutzung der Verkehrsmittel.

Zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem Verkehrssektor – viele waren mit dem Fahrrad angereist, teilweise legten sie mehrere tausend Kilometer zurück –, aber auch die WHO Europe oder das IPCC, forderten daher einen Ausbau der aktiven Mobilitätsinfrastruktur,  also Fahrradfahren und zu Fuß gehen, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Der letzte (alarmierende) Bericht des IPCC vom Sommer 2021 erklärt, dass ohne eine Förderung des Fahrradverkehrs das Ziel nicht zu erreichen sei.

Dass wir eine bessere Radinfrastruktur brauchen, ist natürlich für die passionierten Fahrradfahrer*innen und Leser*innen dieses Blogs nichts Neues. Gleichzeitig werden Investitionen in die Fahrradinfrastruktur allein nicht reichen. Damit aktive Mobilität attraktiv ist, muss auch der öffentliche Nahverkehr ausgebaut werden. Denn ein dichtes Netz erlaubt intermodale Strecken, also vom Fahrrad in Bus und Bahn zu wechseln, was gerade bei größeren Entfernungen wichtig ist. 

Ohne ÖPNV geht es nicht

Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, muss also einerseits der ÖPNV überall auf der Welt verdichtet werden, gleichzeitig müssen die Flotten schnellstmöglich nur noch aus Elektrofahrzeugen bestehen. So könnte „verkehrsbedingte Luftverschmutzung in Städten mit geringem Individualverkehr um 45 Prozent und in Städten mit hohem Individualverkehr um 14 Prozent reduziert werden, verglichen mit einem Szenario, bei dem der öffentliche Verkehr vernachlässigt wird.” Hierbei ist es auch wichtig, Gewerkschaftsvertreter*innen und Mitarbeiter*innen der ÖPNV, welche als systemrelevant anerkannt werden müssen, mit einzubeziehen, damit die Veränderungen nachhaltig und fair sind.

Alles in allem ist es schade, dass in Glasgow, nur knapp 100 km von dem Ort, an dem Kirkpatrick MacMillan 1839 eines der ersten Fahrräder mit Schwinghebelantrieb erfand, die offiziellen Verhandelnden die Wichtigkeit einer aktiven und wirklich nachhaltigen Mobilität nicht erkannt haben. Vielleicht ist die Tatsache, dass Land Rover und Jaguar offizielle Partner der COP26 sind, ein wichtiger Hinweis, warum es ausschließlich um motorisierten Privatverkehr ging.

Abschließend bringt es die WHO treffend auf den Punkt: „Wir sollten aufhören, die Rechnung für die Umweltverschmutzung sowohl aus der eigenen Tasche als auch mit unseren Lungen zu bezahlen.“ Deshalb sollten öffentliche Verkehrsmittel und aktive Mobilität gefördert werden und nicht Privatfahrzeuge.

Über die COP26: ukcop26.org/transport

1 – https://thefutureispublictransport.org/wp-content/uploads/2021/03/C40-The-Future-of-Public-Transport-Research.pdf
2 – https://www.who.int/news-room/feature-stories/detail/who-manifesto-for-a-healthy-recovery-from-covid-19

Foto: © Hanae Takahashi/Friends of the Earth Japan