Aydin Akin mit Rad auf der Tauentzienstraße

Im Gespräch mit Aydin Akin: Fahrradfahren, Gesundheit und mehr

Herr Akin fährt schon beeindruckend lange mit seinem Rad durch Berlin, um auf die Themen aufmerksam zu machen, die ihm besonders am Herz liegen. Wir haben mit ihm über seine Aktion sowie seine neue Botschaft gesprochen.

Ein Interview von Zoey Weddige

Was haben Sie mit Ihrer neuen Aktion vor?

Ich wollte eine Aktion „Fahre Rad, gib Corona keine Chance“ oder „Lasst mit dem Fahrrad unsere Gesundheit stärken und Corona bekämpfen“ machen.

Da Sie diese Aktionen starten, muss ich fragen: Finden Sie, es wird noch nicht genug gemacht von Seiten der Regierung?

Ich möchte dort, wo ich aus meinen Erfahrungen aus dem Leben profitiert habe, dies auch an andere weitergeben, damit die Leute das auch machen und davon auch besser leben. Ich fahre seit 16 Jahren und bis heute habe ich 180.550 Kilometer in sechs Bezirken in Berlin geradelt.

Wow!

Das heißt, ich habe die Welt schon 4,5 Mal umrundet. Das ist eine Tatsache. Ohne irgendwelche Gelder, ohne irgendeine Unterstützung, aber ich habe schon sehr viele Sachen erreicht.

Ich möchte, dass die Leute auch profitieren, auch gesund leben.

Wie profitieren die Leute davon?

Es gibt so vieles:

  • Bei Älteren können Schlafstörungen auftreten, die damit behoben werden.
  • Wer Fahrrad fährt, schläft sofort ein!
  • Keine Begrenzung beim Essen! Ich kann immer noch alles essen.
  • Kreislaufprobleme sind Geschichte.
  • Es schont die Gelenke, und das Knie wird weniger belastet als beim Joggen. Gelenkschmerzen werden gelindert.
  • Der ganze Körper wird gestärkt.
  • Stress wird abgebaut - wie ein Kind freue ich mich, wenn ich auf die Straße gehe. Probleme werden gestrichen, wenn man in die Pedale tritt.
  • Man bleibt fit - ich fühle mich 30 Jahre jünger!
  • Die Lungen werden gestärkt.

Mein Arzt bestätigt mir sogar alles und sagt immer noch „Weiter so“. Früher war ich nicht so beweglich, wie ich es jetzt bin, wo ich mich immer bewege. Beim Schwimmen konnte ich früher meinen Arm nicht bewegen, aber ich bin hartnäckig. Ich arbeite, damit ich ohne Wenn und Aber mein Ziel erreiche.

Aydin Akin mit Trillerpfeife
Foto: Aydin Akin

 

Ich sage meinem Körper: „Ich sorge fürr dich, du musst jetzt also mitkämpfen“. Man muss mit seinem Körper sprechen. Fahrradfahren ist wie eine Werkstatt für den Körper.

Zudem ist Fahrradfahren auch umweltfreundlich und es gibt einen Freundeskreis. Auf der Straße gibt es viele Leute, die mich kennen, die sich Sorgen machen. Wenn ich Urlaub mache, fragen die Leute, wo ich war. Sie kümmern sich um mich. Ich bin wirklich sehr froh, dass ich meine Aktion gemacht habe.

Beim Radfahren ist man nicht allein auf der Straße. Wäre ich nicht mit dem Fahrrad gefahren, hätte ich die Menschen nicht kennen gelernt. Manche Menschen haben das Gefühl, mit steigendem Alter aus der Gesellschaft rausgeschmissen zu werden. Das ist leider so. Jetzt hat man Selbstvertrauen und man fühlt sich wohl und kann Ideen entwickeln. Bei jeder Fahrradtour kommt mir eine Idee.

Wie sehen Sie es als Vielfahrer mit der Sicherheit auf den Straßen?

Als Radfahrer muss man immer vorsichtig sein. Das ist sehr wichtig. Keiner achtet auf uns. Wir haben nicht genug Radwege, und wenn es welche gibt, sind sie in einem miserablen Zustand. Die Lkw achten nicht auf uns. Großstadtverkehr sollte ohne Stress stattfinden.

Aydin Akin fährt durch eine Berliner Straße
Foto: Aydin Akin

 

Warum haben Sie das Fahrrad als Protestform gewählt?

Mit dem Fahrrad kann man wirkungsvoller demonstrieren: Mit dem Rad kann ich mehr Menschen ansprechen. Und jeden Tag tausende von Menschen. Deshalb ist das Fahrrad für mich sehr wertvoll und ich empfehle jedem, auch mit dem Fahrrad zu fahren, damit Menschen gesund bleiben, damit Menschen unabhängig sind und bleiben können und es ist auch sicher.

Was sind Ihre Bitten?

Der regierende Bürgermeister Müller möchte bitte uns neue Radwege schaffen. Die jetzigen Radwege sind miserabel, überall sind Löcher! Die Radfahrer haben damit Schwierigkeiten. Wenn es regnet, sammelt sich Wasser und alle müssen ausweichen. Ab und zu gibt es 500 oder 600 Meter guten Radweg, aber nicht weiter. Das muss unbedingt verbessert werden und neue Radwege geschaffen werden. Die Menschen müssen Lust haben, Rad zu fahren. Mit mehr Radwegen wird es weniger Unfälle geben - es ist gefährlich, auf der Straße zu fahren.

Ich habe 16 Jahre auf der Straße demonstriert für mehr Demokratie. Ich bin nicht für mich auf der Straße. Ich bin auf der Straße für mehr Demokratie - ich tue das nicht für mich, sondern für die deutsche Demokratie. Ich kämpfe für diese Demokratie.

Ich zahle hier Steuern, auch auf Einnahmen oder Geerbtes in der Türkei. Diese unterschiedliche Behandlung ist nicht richtig und auch für Deutschland nicht würdig. Deshalb muss es eine Veränderung geben. Wenn es ein Rechtsstaat ist, muss was gemacht werden. Das ist meine Hauptnachricht.

Aydin Akin vor dem Reichstag
Foto: Aydin Akin

 

Zu guter Letzt: Wie finden Sie die Pop-up-Radwege, die seit Anfang der Pandemie eingeführt wurden?

Wenn da ein Radweg ist, dann fahre ich, aber wenn es ein Radweg ist, dann ist er leider immer in schlechtem Zustand. Hier in Deutschland muss es ein Netzwerk für Radfahrer geben.

Wenn ein Fahrradweg gut gebaut ist, wie beim Südstern eine kleine Strecke - wie viele Meter weiß ich nicht, 500 Meter vielleicht, nicht mehr - danach sind wir wieder in Gefahr. Fahrradfahrer müssen überall aufpassen.

Wir müssen überall Fahrradinfrastruktur aufbauen und wenn wir Fahrräder zur Verfügung stellen, dann kommen auch die Leute.Gemütliches Radfahren muss möglich sein. Die Menschen müssen Lust haben, Rad zu fahren. Den Menschen muss glaubhaft gemacht werden, dass man sicher Fahrrad fahren kann.